
Eigentlich wollte ich nur mit Kindern arbeiten...
…und das habe ich auch. Um mich zu finanzieren, habe ich während meiner Ausbildung gearbeitet. Ich war beseelt und motiviert, das Gelernte in der Praxis auszuprobieren. Mein Bild vom Kind ist geprägt von Wertschätzung, Respekt und Zuneigung. Menschen sind für mich gleich würdig, ganz egal, wie alt sie sind oder was für Voraussetzungen sie mitbringen.
Dann landete ich in einer Gruppe, in der Grenzverletzungen an der Tagesordnung waren. Es herrschte eine „Kultur der Grenzverletzungen“, auf die alle von Enders et al. formulierten Risikofaktoren zutrafen (Enders u. a. 2010).
Ich sprach das Verhalten an, mehrmals. Ohne Erfolg. Im Gegenteil: Ich hatte den Eindruck, selbst zur Zielscheibe für Grenzverletzungen zu werden, je mehr ich mich für die Kinder einsetzte. Irgendwann fing ich an, an meiner eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. Ist es vielleicht doch nicht so schlimm? Ticke ich nicht richtig?
Meine Wahrnehmung wurde von einer anderen Kollegin bestätigt. Auch ich musste gehen, weil ich immer mehr unter dieser Situation litt. Ich fühlte mich zunehmend hilfloser und ohnmächtiger. Ich wusste nicht, was ich noch tun soll. Um die Frage für mich zu beantworten, schrieb ich meine Abschlussarbeit zum Thema „Handlungsperspektiven bei grenzverletzendem Verhalten in der Kita“. Ich sprach mit der Leitung, der stellvertretenden Leitung. Heute weiß ich: Ich hätte mehr tun können.
Damals hatte ich keine Kraft mehr.
Ich ging reisen. In Chiang Mai lernte ich meditieren und erholte mich. Langsam kam ich wieder zu mir.
Doch was dann?
Ich wollte mich mit Argumenten und Handlungswissen stärken. Deswegen beschloss ich den deutschlandweit einzigartigen Studiengang Frühkindliche Bildungsforschung zu studieren.
Heute bin ich gewappnet. Ich kenne die Rechte der Kinder. Ich kann Auswirkungen von Verhaltensweisen wissenschaftlich belegen. Ich kann selbst forschen und Wissen systematisch generieren. Ich weiß, welche Schritte bei Grenzverletzungen zu gehen sind. Ich kann Teams dabei unterstützen, eine Kultur der Wertschätzung und Achtsamkeit zu entwickeln und zu pflegen, in der sich alle Beteiligten wohlfühlen.
Sie sind nicht allein!
Finden Sie sich ganz oder teilweise in meinem Bericht wieder?
Boll und Remsperger-Kehm veröffentlichten 2021 eine explorative Studie zu verletzendem Verhalten in Kitas. Sie befragten 58 Pädagoginnen und Pädagogen zu Formen, Umgangsweisen, Ursachen und Handlungserfordernissen. Zu den Ergebnissen gehört: Über 96 % der befragten Personen gaben Beispiele für verletzendes Verhalten an. „Die Befürchtung, Beobachtung und Ausübung eines verletzenden Verhaltens ist mit starken und vielfältigen Gefühlen verbunden.“ (S. 85) Auf dem ersten Platz der meistgenannten Gefühle ist Ohnmacht. Gefolgt von Verantwortung, Trauer und Mitgefühl, Wut/Unverständnis, Unwohlsein/Beklemmung, Schock, Gratwanderung, Scham und Angst.
Der am häufigsten genannte Umgang mit beobachtetem verletzenden Verhalten ist Schweigen, Wegsehen, Weghören (S. 63 ff.).
Sprechen Sie es an!
Gerne unterstütze ich Sie und Ihr Team dabei, Grenzverletzungen jeder Art als solche wahrzunehmen und diese konstruktiv anzusprechen. Mein Ziel ist es, Menschen zu stärken, die sich für die Rechte der Kinder einsetzen, und dadurch auch die Kinder selbst. So entsteht eine offene, vertrauensvolle Atmosphäre, in der sich alle wohl und sicher fühlen.
Ich freue mich, Sie und Ihr Team empathisch und zugewandt zu begleiten. Nehmen Sie dazu gerne unverbindlich und kostenfrei Kontakt zu mir auf:
julia.huwer@kita-kinderschutzkonzept.de
Literatur:
Boll, Astrid, und Regina Remsperger-Kehm. 2021. Verletzendes Verhalten in Kitas: eine Explorationsstudie zu Formen, Umgangsweisen, Ursachen und Handlungserfordernissen aus der Perspektive der Fachkräfte. Opladen Berlin Toronto: Verlag Barbara Budrich.
Enders, Kossatz, Kelke, und Eberhardt. 2010. „Zur Differenzierung zwischen Grenzverletzungen, Übergriffen und strafrechtlich relevanten Formen der Gewalt im pädagogischen Alltag“. Zartbitter e.V. Abgerufen 31. Mai 2022 (http://www.zartbitter.de/gegen_sexuellen_missbrauch/Fachinformationen/6005_missbrauch_in_der_schule.php).